Nicht mehr für andere – sondern für mich

Impuls No. 24

Ich halte nicht mehr die Mitte

Wenn das System sich selbst regulieren darf.

Ich war oft die, die gehalten hat. Die Mitte, das ruhige Zentrum, der stille Ausgleich, wenn es im Außen geschwankt hat. Ich habe gespürt, was gebraucht wird, bevor es ausgesprochen wurde. Habe Konflikte geahnt, bevor sie sichtbar waren. Habe mich rund gemacht, damit es zwischen anderen nicht reißt. Nicht, weil ich besser wusste, wie es geht – sondern weil ich dachte: Wenn ich die Mitte halte, bleibt es heil.

Doch das Heilsein ist nicht meine Aufgabe. Ich bin nicht der Mittelpunkt eines Systems, das sich ständig aus sich selbst heraus bewegen will. Ich habe mich lange dazwischen gestellt, damit andere nicht aufeinandertreffen. Ich habe getragen, was gar nicht in mir enden durfte. Und ich habe Nähe mit Funktion verwechselt – weil meine Verbindung oft mit Verantwortung verknüpft war.

Ich darf aus der Mitte gehen – ohne dass etwas zusammenbricht. Ich darf mich lösen aus Feldern, in denen ich nur gebraucht werde, wenn ich funktioniere. Ich darf loslassen – nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Vertrauen. In die Reife anderer. In die Kraft des Systems. In das, was entsteht, wenn ich mich nicht mehr einmische.

Vielleicht entsteht gerade dann etwas Neues: wenn sich Dynamiken neu ordnen müssen. Wenn nicht mehr ich die Stille halte, sondern die anderen sich selbst begegnen. Ohne Vermittlung. Ohne Pufferzone. Ohne meine Energie als Bindemittel.

Ich halte nicht mehr die Mitte. Ich lasse los – auch wenn es wackelt. Auch wenn es Reibung gibt. Denn ich weiß: Nur was sich selbst trägt, ist wirklich lebendig.

Erlaube ich mir, die Mitte zu verlassen – und dem Leben zuzutrauen, dass es sich selbst ordnet?

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