Nicht mehr für andere – sondern für mich

Impuls No. 20

Wenn nichts zu tun bleibt - bleibt alles echt

Was durch Nicht-Handeln sichtbar wird.

Es gibt Momente, da will der alte Reflex sofort anspringen. Tun, ordnen, erklären, reagieren. Irgendetwas machen, um die Spannung zu lösen, die Stille zu überbrücken oder dem Gefühl von Ohnmacht zu entkommen. Doch manchmal ist genau das Nicht-Tun der wahrhaftigste Ausdruck von Präsenz. Wenn ich bleibe, auch wenn ich nichts beitragen kann. Wenn ich da bin, ohne einzuschreiten. Wenn ich nicht flüchte in Aktion – sondern vertraue, dass gerade nichts zu tun ist, weil alles schon wirkt.

Ich habe lange geglaubt, dass Nähe Handlung braucht. Dass Beziehung bedeutet, verfügbar zu sein, erreichbar, zuständig. Ich habe mich angeboten, bevor ich gefragt wurde. Habe gehalten, bevor jemand gefallen ist. Und mit jeder Bewegung nach außen habe ich mich selbst ein Stück weiter verlassen. Nicht bewusst. Nicht aus Pflicht – sondern aus dem tiefen Wunsch, Teil zu sein.

Doch manchmal zeigt sich Verbindung erst dann, wenn niemand mehr etwas machen muss. Wenn nicht mehr geklärt, verändert, gehalten oder gedeutet wird. Wenn es keine Rolle mehr gibt, kein richtig oder falsch – sondern nur das, was da ist. Ohne Verpackung. Ohne Funktion. Ohne Form.

Ich darf bleiben – auch wenn ich nichts tue. Ich darf atmen, auch wenn du mich nicht brauchst. Ich darf dir nah sein, ohne dich aufzufangen. Und vielleicht zeigt sich genau in diesem Raum etwas, das vorher nicht sichtbar war: Echtheit, die nicht aus Handlung entsteht, sondern aus stiller Gegenwart.

Ich war lange jemand, der gehalten hat. Heute bin ich jemand, der einfach bleibt. Nicht als Antwort. Nicht als Lösung. Sondern als Mensch.

Erlaube ich mir, einfach da zu sein – ohne zu handeln, zu helfen oder mich beweisen zu müssen?

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