Richtig sein. Immer.
Impuls No. 4
Erklären statt empfinden
Wie Verstehen Nähe ersetzt.
Es beginnt oft ganz subtil: Ein Gefühl taucht auf – und noch bevor es ganz da sein darf, setzt der Verstand an, es zu sortieren. Was ist das? Woher kommt es? Was bedeutet es? Was soll ich damit tun? Das Denken wird zur Schutzreaktion. Nicht gegen das Fühlen an sich – sondern gegen die Unkontrollierbarkeit, die damit einhergeht. Denn sobald du etwas fühlen musst, ohne es sofort einordnen zu können, entsteht Unsicherheit. Und Unsicherheit ist gefährlich – nicht, weil sie wirklich bedroht, sondern weil sie das Selbstbild erschüttert, das alles verstehen und im Griff haben will. Also lieber erklären. Deuten. Kategorisieren. Damit alles wieder stimmig wirkt.
Doch mit jedem Erklären entfernst du dich ein Stück vom Gefühl selbst. Du beschreibst es, statt es zu halten. Du verstehst, statt zu verbinden. Und so entsteht eine scheinbare Nähe – aber keine echte Berührung. Du bist „bei dir“, aber nur im Kopf. Das Fühlen bleibt ein Objekt, das du von außen analysierst. Und damit fehlt genau das, was du suchst: wirklicher Kontakt. Nicht das Gefühl ist unerreichbar – sondern dein Erlauben, dich ohne Kontrolle darin zu erfahren. Denn echtes Fühlen braucht kein Konzept. Es braucht Raum. Den Raum, in dem du nicht wissen musst, was es bedeutet, um zu spüren, dass es stimmt.
Vielleicht ist es genau dieser Schritt, der alles verändert: das Einverstandensein mit dem, was du nicht verstehst. Nicht als Resignation – sondern als Rückkehr in die lebendige Beziehung zu dir selbst. Du musst nichts wissen, um richtig zu sein. Du musst nichts lösen, um dich zu spüren. Und du musst keine Ordnung herstellen, um dich als ganz zu erleben. Vielleicht bist du genau dann am nächsten bei dir – wenn du nichts erklären kannst, aber trotzdem bleibst.

Erlaube ich mir, absolut richtig zu sein, auch ohne zu verstehen, was mit mir los ist?
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